Heute habe ich die erste, fast entblätterte Linde entdeckt.
Das Bild passte zu dem Thema, das mich heute beschäftigte. Der Herbst bringt jedes Jahr das Thema Tod und Vergänglichkeit mit sich. Heute hielt ich an einem Friedhof an und ging für eine kurze Zeit hinein. Ich blieb an einem Grabstein stehen, auf dem die Verstorbenen- wie gewöhnlich – mit Name und Datum benannt waren.
Dann fiel mein Blick auf einen Namen eines Grabsteines, auf dem noch kein Datum versehen war. Ich hielt inne.
Ich kannte die Person, die dort auf dem Grabstein steht.
Und plötzlich war mir Das Thema „Tod“ sehr nah. In meiner Vorstellung sah ich einen imaginären Grabstein auf dem mein Name, ebenfalls ohne Datum stand. Mein mir vertrauter Name, auf einem Stein ohne Datum, als Zeichen des Endes meiner physische Existenz hier auf der Erde.
Ob es diesen Grabstein gibt oder nicht, ist eigentlich egal, dachte ich.
Der Grabstein ist nur ein Symbol für eine Realität, mit der ich täglich lebe, die mir aber eher selten bewusst ist.
Es gibt diesen Tag, an dem mein Leben hier zu Ende sein wird. Es ist wie immer, nur eine Frage der Zeit.
Ich schaute über die Friedhofsmauer hinweg und ließ meinen Blick in die Ferne gleiten. Meine Lebensspanne nahm ich auf einmal recht kurz wahr, angesichts einer Ewigkeit „davor“ und „danach“.
Was kann mir die Frage nach der Endlichkeit meines Seins „bringen“ ?
Warum macht es Sinn, sich damit auseinanderzusetzen ?
In der Bibel gibt es einen Vers dazu der heißt:“ Lehre mich Herr, dass ich sterben muss, damit ich lerne weise zu leben“ (Stelle?)
Weisheit durch Auswertung
Ich habe heute morgen mit der „Tür“- Übung ein Kapitel meines Lebens ausgewertet. Ich stellte mir vor, ich stehe an einer Türe, die offen steht. Ich drehte mich um und schaute nach hinten, als ob ich auf die Zeit schaue, die nun hinter mir liegt. Die letzten zehn Jahre. Ich dachte darüber nach, was ich mir erträumt hatte, was davon in Erfüllung gegangen ist, und was nicht. In einem Gebet (als Gespräch mit Gott) habe ich alles benannt.
Ich habe für das gedankt und das benannt was war, ich habe ausgesprochen wovon ich geträumt hatte und benannt was davon in Erfüllung gegangen war und was nicht. Meinen Gefühlen der Freude und auch der Trauer darüber habe ich Ausdruck gegeben.
Abschließend habe ich mir die Gefühle der Trauer angeschaut und mich gefragt was ich brauchte, um mich von dieser Zeit zu verabschieden. Sie liegt hinter mir, sie wird niemals mehr wieder kommen so wie mein Leben irgendwann zu Ende sein wird und nicht noch einmal so ablaufen wird.
Ich merkte dass ich meinen Frieden damit schließen konnte.
Ich spürte das das was nicht geschehen war noch nicht mal ein wirklicher Verlust war,
da ich Gott auch an diesen Orten empfinden konnte. Ich fühlte mich dadurch getröstet, Gott ist auch an den Orten meines „scheinbaren“ Verlustes. Ich liess bewusst, das, was hinter mir lag, los…
Dann drehte ich mich um, als ob ich durch die Türe nach vorne in die entgegengesetzte Richtung schaute.
Ich dachte darüber nach, was vor mir liegt und sprach es aus, was ich mir wünsche.
Das ist im Kleinen das Muster von Tod und Auferstehung in meinem Leben für mich.Ich sterbe nicht „irgendwann“, sondern ich werde mein Leben lang auf dieses letzte Loslassen durch kleine Tode (und Auferstehungen) vorbereitet. Je bewusster ich die Übergänge im Leben wahrnehme reflektiere und gestalte, desto gelassener werde ich hoffentlich einmal durch die letzte Türe gehen.
„Versöhnt und zutiefst dankbar“.
Hierzu habe ich ein schönes Gedicht von Rainer Maria Rilke gefunden:
Wer seines Lebens viele Widersinne
versöhnt und dankbar in ein Sinnbild fasst,
der drängt
die Lärmenden aus dem Palast,
wird anders festlich, und du bist der Gast,
den er an sanften Abenden empfängt.
Du bist der Zweite seiner Einsamkeit,
die ruhige Mitte seinen Monologen;
und jeder Kreis, um dich gezogen,
spannt ihm den Zirkel aus der Zeit.
Sitzung abgelaufen
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