persönliches Wachstum durch Meditation

Die tägliche „Bekehrung“

By Jan | Spiritualität

Okt 07

„Richtet nicht!“  (Matt. 7,1)

Wenn wir andere Menschen kennen lernen, wird sofort ein Filter in uns aktiv: Ist er oder sie mir sympathisch oder nicht? Je nachdem wie ich hier intuitiv und oft unbewusst entscheide, werde ich Interesse an diesem Menschen zeigen oder nicht. Wenn mir ein bestimmter Mensch also sympathisch ist, werde ich wahrscheinlich mehr Zeit mit ihm verbringen wollen und wir lernen uns kennen. Aus diesem Kennenlernen kann sich dann eine gute Bekanntschaft oder Freundschaft – also eine Form der Liebe – entwickeln. Die Basis oder Voraussetzung dafür ist somit persönliche Zuneigung. Das ist unser menschliches Muster.
Und so gehen wir in der Regel mit allem um: Mag ich das oder nicht? Entspricht es mir oder nicht? Wir beurteilen und bewerten. Zu einem Teil ist das für unser Leben wichtig. Wenn wir aber nicht schaffen, eine andere, tiefere Wahrnehmung zu lernen, die nicht direkt unsere Ego-Struktur bestätigt, dann können wir zu sehr abgeschotteten und unbewussten Wesen werden, die sich immer wieder nur selbst bestätigen. Durch die starke Bewertung und Beurteilung kommen wir nur mit einem sehr begrenzten Teil des Lebens in Kontakt.
„Wir sehen die Dinge nicht, wie sie sind, sondern wir sehen die Dinge, wie wir sind“.
Das ist eine grundlegende Erkenntnis, die wir im Alltag nicht wahrnehmen oder wahrhaben wollen. Aber wie ich z.B. einen Menschen erlebe und beurteile sagt sehr viel über mich selbst aus. Höre mal unter diesem Vorzeichen darauf, wie Menschen über andere reden…
Oder höre, wie unterschiedlich biblische Texte aufgenommen werden können. Menschen, die stark wertend sind und sich und andere schnell bestrafen, fühlen sich zu Straftexten hingezogen. Menschen, die von Annahme geprägt sind, sehen in den selben Texten die Aufforderung nach Klarheit und Entschiedenheit.

Glück und Zufriedenheit erleben wir auch auf diesem Grundmuster. Wenn etwas so geschieht, wie wir es erwarten oder ersehnen, dann empfinden wir Glück.  Wir fühlen uns dabei sicher und bestätigt. Aber dieses „Glück“ ist sehr begrenzt! Es hält uns in der kleinen Welt unserer Vorstellung, die Vorstellung davon, wie die Welt und andere Menschen sein sollen.
Ein Wachsen in der Liebe kann nur geschehen, wenn wir unsere Vorlieben, unser Ego zurücksetzen und uns immer mehr auf die Welt so einlassen, wie sie ist, und nicht, wie wir sie haben wollen. Manchmal haben wir die größten Schwierigkeiten, mit uns selbst auf diese Weise umzugehen.

Für einige Monate habe ich eine relativ intensive Übung zu diesem Thema gemacht:  Die „urteilsfreie“ Tagesauswertung.
Am Ende des Tages habe ich mich für ca. 10 Min. hingesetzt und im Gebet den Tag an mir vorüber ziehen lassen. Ich habe innerlich einfach das angeschaut, was ich erlebt habe – manches im absoluten Zeitraffer, anderes in Zeitlupe. Die große Übung bestand darin, alles wertfrei, ohne zu urteilen anzuschauen. Das hört sich einfacher an, als es ist! Sehr oft habe ich gespürt, wie ich mich oder andere bei diesem nachträglichen Anschauen entweder bestätigt oder kritisiert habe…
Zum Ende der Übung habe ich Gott für alles gedankt.
Erst dann habe ich geschaut, wo ich Vergebung und Reinigung von unguten Haltungen und Handlungen brauche. Nötige Korrektur ist nur auf der Basis von völliger Annahme wirksam.

„Nur was angenommen worden ist, kann verwandelt werden“.

 

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About the Author

Jan von Wille, leitet zusammen mit seiner Frau Susanne die Akademie für Lebenskunst und Leaderschip. Themen wie Achtsamkeit, moderne Spiritualität und Unternehmertum

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